Zum Treffen von US-Präsident Biden und Russlands Präsident Putin erklären Katja Keul, Sprecherin für Abrüstungspolitik, und Jürgen Trittin, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss:
Das Treffen war ein schwacher Lichtblick in einer sich immer schärfer polarisierenden Zeit. Es zeigt, dass die Situation ernst ist, aber die Räume für Dialog noch nicht vollkommen verbaut sind. Die Rückkehr der Botschafter ist ein erster positiver Schritt.
Russlands zunehmende Aggressivität nach Außen, seine Einmischung auch in den deutschen Wahlkampf und das aggressive Vorgehen des Kremls gegen die Oppositionskräfte im Land sind mitnichten Zeichen der Stärke, sondern der Schwäche des Systems Putin.
Umso wichtiger ist es, dass die beiden größten Atommächte wieder den Gesprächsfaden beim Thema Rüstungskontrolle und Abrüstung aufnehmen. Deshalb ist die Rückkehr der Botschafter ein wichtiges Signal.
Deutschland und Europa haben ein erhebliches Interesse daran, dass Biden und Putin wieder über Abrüstung und strategische Stabilität reden. Das Gipfeltreffen in Genf könnte wie 1985 ein Startschuss für die Wiederbelebung nuklearer Rüstungskontrolle werden.
Aktuell ist die nukleare Bedrohung durch Investitionen, Modernisierung und beschleunigte Technik innerhalb der Nukleararsenale höher denn je. Wir begrüßen ausdrücklich die Ankündigung der Biden-Administration, die Rolle der Atomwaffen im Bündnis zu reduzieren, den Wechsel zu einer „solepurpose“-Doktrin sowie Verhandlungen über sämtliche Atomwaffen mit der russischen Seite führen zu wollen.
Die Bundesregierung muss diese Dynamik proaktiv unterstützen und darf sich nicht mit einer abwartenden Haltung begnügen. Sie muss darüber hinaus deutlich machen, wie sehr gerade die Reduzierung von taktischen Atomwaffen auf beiden Seiten im europäischen Sicherheitsinteresse stehen. Das schließt auch die Atomwaffen auf deutschem Boden und damit die nukleare Teilhabe mit ein.
Neue Mittelstreckenraketen in Europa sind nach dem Ende des INF-Vertrages keine Option. Es ist daher richtig, dass die US-Regierung neu über das von russischer Seite vorgeschlagene Moratorium nachdenkt. Der Atomwaffenverbotsvertrag ist vor dem Hintergrund dieser Dynamik nicht länger zu verteufeln, sondern muss endlich als positives Signal verstanden werden. Wenn Deutschland ernsthaft Brücken bauen will zwischen den Vertragspartnern auf der einen und den Atomstaaten auf der anderen Seite, wäre ein Beobachterstatus bei der ersten Überprüfungskonferenz Anfang nächsten Jahres ein erster Schritt.
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